Rußland aktualisiert seine Nukleardoktrin: eine gezielte Warnung an den Westen

Am 25.9. gab Präsident Wladimir Putin einen Vorschlag zur Überarbeitung von Rußlands Doktrin für den Atomwaffeneinsatz bekannt, um die Schwelle für deren Einsatz deutlich zu senken – genau zu dem Zeitpunkt, an dem die USA und die NATO ein Überschreiten dieser Schwelle in Erwägung ziehen.

„Der Einsatz von Atomwaffen ist das letzte Mittel, um die Souveränität des Landes zu schützen“, begann Putin seine vierminütige Erklärung vor der Ständigen Konferenz des Russischen Sicherheitsrats zur nuklearen Abschreckung. „Gegenwärtig bleibt unsere nukleare Triade die wichtigste Sicherheitsgarantie für unseren Staat und unsere Bürger, ein Instrument zur Aufrechterhaltung der strategischen Parität und des Gleichgewichts der Kräfte in der Welt. Gleichzeitig sehen wir, daß die moderne militärisch-politische Situation sich schnell verändert und wir dies berücksichtigen müssen, eingeschlossen das Auftreten neuer Quellen militärischer Bedrohungen und Risiken für Rußland und unsere Verbündeten.“ Dies sei der Grund für die entscheidende Veränderung in der aktualisierten Fassung der Doktrin: „eine Aggression gegen Rußland durch einen nicht-nuklearen Staat, an der aber ein nuklearer Staat beteiligt ist oder die von einem nuklearen Staat unterstützt wird, wird als deren gemeinsamer Angriff gegen die Russische Föderation betrachtet“. (Hervorhebung hinzugefügt).

Und weiter: „Wir behalten uns das Recht vor, im Falle einer Aggression gegen Rußland und Weißrußland als Mitglied des Unionsstaates Atomwaffen einzusetzen… Dies gilt auch für den Fall, daß der Feind mit konventionellen Waffen eine kritische Bedrohung für unsere Souveränität darstellt.“ Der Einsatz von Atomwaffen würde in Betracht gezogen, „wenn wir zuverlässige Informationen über einen massiven Start von Luft- und Raumangriffswaffen und deren Überschreiten unserer Staatsgrenze erhalten. Ich meine damit strategische und taktische Flugzeuge, Marschflugkörper, Drohnen, Hyperschall- und andere Flugzeuge.“

Die Ankündigung erfolgte nur 24 Stunden vor Präsident Bidens Treffen mit Präsident Selenskyi im Weißen Haus, wo es darum ging, ob Kiew erlaubt wird, mit westlichen Langstreckenraketen tief im russischen Territorium anzugreifen. Biden weigerte sich zwar trotz des Drucks, u.a. aus London, grünes Licht zu geben, sagte aber ein neues Militärhilfepaket über fast 8 Mrd.$ zu. Ganz im Sinne seiner Version der Realität sagte er, die USA würden „der Ukraine alle Unterstützung zukommen lassen, die sie braucht, um diesen Krieg zu gewinnen“.

US-Außenminister Antony Blinken bezeichnete Putins Warnung typisch verblendet als „völlig unverantwortlich“ und warf ihm „nukleares Säbelrasseln“ vor. Das spiegelt die Selbsttäuschung vieler Kriegstreiber wider, die wie der scheidende NATO-Generalsekretär Stoltenberg behaupten, der russische Präsident bluffe nur und man könne Rußlands rote Linien gefahrlos überschreiten.