Hintergrund: Die verhängnisvollen Folgen der Ermordung von Alfred Herrhausen

Am 1. und 3.10. strahlte die ARD einen mehrteiligen Spielfilm über Alfred Herrhausen aus, den Chef der Deutschen Bank, der am 30. November 1989 unter bis heute ungeklärten Umständen ermordet wurde. Abgesehen von den fiktionalen und unterhaltenden Aspekten werden darin sehr wichtige Themen zu Herrhausens Leben und Werk sowie seinen Tod angesprochen, der Folgen dafür hatte, daß Deutschland nach seinem Tod einen ganz anderen Weg einschlug, als er sich vorgestellt hatte.

Die Verschuldung der Dritten Welt, Deutschlands Freundschaft zu Rußland und nicht zuletzt die fatale Entscheidung, für die Wiedervereinigung die Währungshoheit aufzugeben, sind einige der Leitmotive des Films. Und natürlich das Attentat selbst, dessen Täter als RAF-Terroristen identifiziert werden, die im Libanon von der palästinensischen Guerillagruppe PFLP ausgebildet und ausgerüstet wurden, jedoch unter der Aufsicht und mit Zustimmung der Stasi wie auch der CIA.

Drehbuchautor Thomas Wendrich erklärte letztes Jahr in München, er wolle wie in einem klassischen Kriminalfall alle Personen und Interessen aufzeigen, die ein Motiv gehabt haben könnten, Herrhausen zu beseitigen. Am Ende sieht man, daß mehrere Personen und Behörden zusammenwirken. Das wichtigste Motiv ist definitiv Herrhausens Rolle bei der „taktischen Hilfe “ (seine Worte) für Rußland – und perspektivisch die DDR und ehemalige kommunistische Länder – beim Übergang zur Marktwirtschaft.

Die Autoren und Produzenten arbeiteten fünf Jahre lang und suchten nach Originalquellen, Dokumenten und Zeugen, u.a. gab Herrhausens Witwe Traudl ein langes Interview. Erstaunlicherweise wurden alle Akten über Herrhausen aus den Stasi-Archiven und anderen Archiven entfernt! Selbst aus den USA konnten sie nichts nach dem Informationsfreiheitsgesetz erhalten.

Sie stießen jedoch auf eine Rede Henry Kissingers während eines USA-Besuchs von Herrhausen, worin dieser ihn öffentlich warnte, er gehe mit seinen Krediten an Moskau zu weit. Die Deutsche Bank hatte diese Kredite gewährt, obwohl Bundeskanzler Kohl, der darauf gedrängt hatte, sie nicht an konkrete Projekte knüpfte, wie Herrhausen forderte. Das Verhältnis der beiden wird in ihrem letzten Treffen kurz vor seiner Ermordung gut dargestellt. Kohl hatte gerade vom französischen Präsidenten Mitterrand ein Ultimatum erhalten: Im Gegenzug für die Wiedervereinigung müsse Deutschland die D-Mark aufgeben.

„Kohl: Die Franzosen fordern es, was soll ich machen?

Herrhausen: Ablehnen! Zuerst braucht es einen wirtschaftlichen Gesamtplan für die Volkswirtschaften im Osten wie auch im Süden Europas!

Kohl: Dann mach doch einen Plan…

Herrhausen: Aber nicht in der Geschwindigkeit! Das geht nicht von heute auf morgen!

Kohl: Ach, du kannst das schneller…

Herrhausen: Helmut, ich bin doch auch für eine gesamteuropäische Lösung, das ist doch klar; aber die Ostblockstaaten sind ohne taktische Hilfe ein Pulverfaß! Wie willst du die denn einbinden?

Kohl: Wir binden erstmal nur die Zone ein, fahren auf Sicht, dann sehen wir weiter.

Herrhausen: Wenn wir das jetzt überstürzen, verlieren wir jegliche Kontr…

Kohl: Wir haben die einmalige Gelegenheit, solange Gorbatschow sich hält…

Herrhausen: Wer soll das denn bezahlen? Ohne einen wirtschaftlichen Gesamtplan für ganz Europa kocht doch jeder sein eigenes Süppchen und wir zahlen die Zeche!

Kohl: …und holen es uns doppelt und dreifach zurück! Was ist denn daran so schwer zu begreifen?! Alfred! Wir sagen Mitterrand zu. Dafür läßt er uns mit der DDR machen, was wir wollen, dann sehen wir weiter.“