Die Dangote-Raffinerie: Nigeria bricht koloniale Ketten

Mit einer Tagesförderung von 1,5 Mio. Barrel Öl ist Nigeria der größte Ölproduzent Afrikas. Dennoch ist das Land seit Jahren gezwungen, den Rohstoff zu exportieren, um „harte Währung“ zu verdienen, die es dann für den Import der raffinierten Ölprodukte ausgibt. Durch diesen Prozeß entstand eine zwielichtige „Petrodollar-Wirtschaft“ mit Exporteuren, Importeuren und Händlern, die vom „schwarzen Gold“ profitieren und eine inländische „Kultur der Korruption“ pflegen. Die eigentlichen Nutznießer sind die neokolonialen Mächte mit Zentren in Amsterdam, London und Houston/Texas.

Doch mit diesem bequemen Nest der Korruption dürfte es bald ein Ende haben, weil ein neuer Akteur ins Spiel kommt: die riesige Dangote-Raffinerie bei Lagos in Nigeria, die vom wichtigsten Industriellen Afrikas, dem Milliardär Aliko Dangote, gebaut und betrieben wird. Die 20 Mrd.$ teure Anlage soll 650 Mio. Barrel pro Tag produzieren und ist damit die siebtgrößte der Welt und die größte Afrikas. Hoffentlich wird sie andere, wie die Raffinerien von Shell und BP in Rotterdam, aus dem Geschäft drängen, die derzeit nigerianisches Öl raffinieren, um die Produkte dann gewinnbringend wieder nach Nigeria zu exportieren.

Als seine Raffinerie im Januar in Betrieb ging, sah sich Dangote mit einer Mafia konfrontiert, die er „schlimmer als ein Drogenkartell“ nannte. Dazu gehörten die transnationalen Ölkonzerne, die einheimischen Ölmagnaten und sogar die staatliche Nigerian National Petroleum Company (NNPC), der rechtlich alles in Nigeria geförderte Öl gehört. Sie alle arbeiteten zusammen, um ihn aus dem Markt zu drängen. Infolgedessen mußte das Debüt von raffiniertem nigerianischem Rohöl mehrfach verschoben werden – bis jetzt.

Am 5.9. verkündete Dangote, hinter einer Flasche mit Flüssigkeit sitzend, die Einführung von in Nigeria hergestelltem Premium Motor Spiritus auf dem nigerianischen Markt. „Dies hier heißt Euro-5-Diesel“, sagte er. „Es enthält weniger als 10 Millionstel Anteile Schwefel.“ Seine Produkte würden nicht nur die Leistung und Lebensdauer der Fahrzeuge verbessern, sondern aufgrund ihrer höheren Qualität auch der Gesundheit von Mensch und Umwelt zugute kommen, erklärte er.

In einem weiteren wichtigen Schritt wies die Regierung am 13.9. die NNPC an, das Öl an Dangote in der Landeswährung Naira statt in Dollar zu verkaufen, und erlaubte der Raffinerie, ihre Produkte im Inland in Naira zu verkaufen. Dies soll die Wirtschaft vor willkürlichen Währungsschwankungen schützen und den Benzinpreis für die nigerianischen Verbraucher senken.

Nach der bahnbrechenden Ankündigung hat ein anderer Milliardär und Industrieller, Femi Otedola, der zusammen mit Dangote schon vor 25 Jahren vergeblich versucht hatte, die Marktverschwörung zu durchbrechen, Dangote begeistert gelobt: „Sie haben uns von den Ketten der wirtschaftlichen Abhängigkeit befreit, die dieses Land viel zu lange zurückgehalten haben. Die Zeiten, in denen wir zur Deckung unseres Kraftstoffbedarfs uns vor ausländischen Mächten beugen mußten, sind dank Ihrer Vision und Entschlossenheit vorbei.“