Das „wahre Amerika“ ist nicht auf den Parteitagen

Derzeit findet der Parteitag der Demokraten in Chicago mit dem üblichen Zirkus statt: viel Rhetorik und wildes Klatschen, aber nichts Substantielles wird diskutiert, obwohl draußen Friedensproteste stattfinden. Daß Kamala Harris Präsidentschaftskandidatin wird, stand schon vorher fest, und nichts deutet darauf hin, daß sie an Amerikas politischem Kurs der letzten Jahrzehnte irgend etwas Sinnvolles ändern würde. Aber bis jetzt hat sie auch noch nichts Sinnvolles zu irgend etwas gesagt.

Man sollte aber nicht denken, daß die Kandidaten oder Parteien repräsentativ für die ganze Bevölkerung sind, es gibt ein „anderes Amerika“, das die Kriege, die Fixierung auf den Shareholder Value und die Scharfmacherei der Medien ablehnt. Und Vertreter dieser Strömung schließen sich zunehmend mit dem Schiller-Institut und der Internationalen Friedenskoalition (IPC) zusammen, um das Blatt zu wenden. Ein Beispiel war das IPC-Treffen am 9.8. zum Gedenken an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9.8. 1945.

Dort sprachen zwei hochrangige Vertreter dieses „anderen Amerikas“, Oberst a.D. Lawrence Wilkerson und der langjährige Kongreßabgeordnete Dennis Kucinich.

Wilkerson war Stabschef von Außenminister Colin Powell und erlebte persönlich mit, wie der Irakkrieg auf der Grundlage von Lügen begonnen wurde. Heute, so Wilkerson, „in diesen Zeiten der irrsinnigen Kriege in aller Welt, die Amerika fördert und bis zum äußersten unterstützt“, sollte man über die vergangenen 5000 Jahre nachdenken, in denen hunderte große und kleine Imperien kamen und gingen. Das amerikanische Imperium der Zeit seit 1945 sei jedoch das erste, das mit den Kernwaffen „die Technik entwickelt hat, sich selbst und den Rest der Menschheit zu zerstören“.

Dennoch sieht Wilkerson Grund zur Hoffnung in der Demokratie, „diesem müden, schwer angeschlagenen und umkämpften Regierungskonzept, das unsere Gründerväter so sehr liebten und schätzten“. Das Volk „muß Einspruch gegen seinen drohenden Selbstmord erheben. Das Volk muß Einspruch erheben, immer und immer wieder, und protestieren, immer und immer wieder, und lausige Politiker abwählen, neue heranziehen und wählen, die deren Platz einnehmen – und immer weiter protestieren!“

Dennis Kucinich war von 1997-2013 demokratischer Kongreßabgeordneter aus Ohio. Er wies darauf hin, daß die USA mittlerweile über eine Billion Dollar pro Jahr für Krieg und Kriegsvorbereitung ausgeben. Mehr als die Hälfte des Budgets werde also dafür aufgewendet, „die Idee zu verteidigen, daß Amerika irgendwie immer noch der unipolare Herrscher der Welt ist“.

„Ich schließe mich heute Ihrem Aufruf an, überall Waffenstillstände zu schließen, die Waffen niederzulegen, den Geist ,Schwerter zu Pflugscharen‘ wieder zu wecken – verstehen, daß wir ein gemeinsames Schicksal haben. Und wenn unser Schicksal darin besteht, Teil einer nuklearen Trümmerwüste zu werden, dann müssen diejenigen von uns, die sich dagegen wehren, so wie wir es heute tun, gehört werden!“ Er forderte die Menschen auf, „sich auf den Plätzen der Städte zu organisieren“ und alle Mittel im Internet zu nutzen, um andere aufzurütteln. Er schloß: Wir „müssen ein neues Bewußtsein schaffen, das hoffentlich in der Lage sein wird, diesen schmutzigen Tanz mit dem Tod zu überwinden“.