Bidens Kandidatur wird zum Dilemma für die unipolare Ordnung

Seit der Debatte zwischen Präsident Joe Biden und Ex-Präsident Donald Trump am 28.6. mehren sich die Stimmen, die den Rückzug des Präsidenten aus dem Rennen fordern. Einige demokratische Kongreßabgeordnete warnen offen, mit Biden sei eine Niederlage gegen Trump bei der Wahl im November wahrscheinlich, deshalb brauche man einen „stärkeren“, jüngeren Kandidaten. Die Medien, darunter prominente Reporter und Kolumnisten, verstärken dies. Sie werfen Bidens Kampagne vor, seine Altersgebrechen zu vertuschen, die in der Debatte so deutlich zutage traten, sie spekulieren, ob er an Demenz oder Parkinson leidet, und sie entwerfen Szenarien, wer ihn ersetzen könnte und wie.

Was fehlt, ist eine kritische Bewertung seiner Politik. Ist z.B. seine Ablehnung von Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges die Folge seines geistigen Verfalls? Und wenn ja, wann hat das angefangen? Als Weichensteller des Maidan-Putsches in der Ukraine unter Präsident Obama 2014? Oder mit seinem Ignorieren von Putins Forderung, daß der Westen die russischen Sicherheitsbedenken zur NATO-Osterweiterung ernst nimmt?

In den letzten Tagen haben große Geldgeber aus Hollywood und dem Silicon Valley ihm und anderen demokratischen Kandidaten die finanzielle Unterstützung entzogen oder damit gedroht, falls er der Kandidat bleibt. Sie wollen auf keinen Fall Trump als Präsident, wegen dessen Unberechenbarkeit und Unabhängigkeit. Doch Biden widersetzt sich und will nicht aufgeben.

In dem ganzen Drama geht die Tatsache verloren, daß Biden selbst nicht die Ursache der Krise ist. Seine Politik hat die Lage verschlimmert, aber mit den anderen möglichen Kandidaten der Demokraten würde nichts besser. Der Grund für die Krise liegt im Zusammenbruch des liberal-demokratischen Modells als Deckmantel für die imperiale Strategie der Finanzoligarchie. Die „regelbasierte Ordnung“ fordert die Einhaltung von „Regeln“, die völlig undemokratisch sind, und benutzt Kriege, Putsche und Attentate als Mittel, ihre Kontrolle zu erhalten. Die Oligarchen hinter dieser kollabierenden Ordnung steuern die große Mehrheit der Politiker in beiden großen US-Parteien.

Dafür treten immer mehr führende Vertreter des Globalen Südens auf, die nach einer Alternative zu dem als Waffe mißbrauchten Dollar suchen, indem sie sich den BRICS anschließen, den Handel mit Rußland, China und Indien ausweiten und gegen die unipolare Ordnung rebellieren. Gleichzeitig ruft die Kriegs- und Austeritätspolitik des Establishments eine Gegenreaktion bei den Wählern in Europa und Amerika hervor. Die Befürchtung vieler reicher US-Geldgeber ist, daß ein Festhalten an dieser Politik die Rebellion anheizen wird. Einige meinen offenbar, mit einem neuen Gesicht für die korporatistisch-faschistische Ausbeutungspolitik könnten sie ihre Macht erhalten, deshalb heißt es: „Joe muß gehen.“ Und da Biden auf dem Gegenteil beharrt, könnte es noch sehr häßlich werden.

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