Noch eine ideologische Illusion: EU erhebt Zölle auf chinesische E-Autos

Am 4.10. stimmten die Staaten der Europäischen Union gegen den Widerstand Deutschlands für die Einführung von Zöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge. Frankreich, Italien, Griechenland und Polen hatten zuvor angekündigt, dafür zu stimmen, womit keine Sperrminorität mehr möglich war.

Dies führte zu ernsthaften Verstimmungen zwischen Deutschland und Frankreich, die gewöhnlich ihr Stimmverhalten auf EU-Ebene koordinieren. Frankreich ist von den Zöllen jedoch weniger betroffen als Deutschland, da alle großen deutschen Autohersteller ihre E-Fahrzeuge in China produzieren.

Eine weitere verrückte Entscheidung zur E-Mobilität hatte es eine Woche zuvor gegeben: Deutschland und Frankreich lehnten den Antrag Italiens ab, die Überprüfung der Strafzahlungen für Verbrennungsmotoren, die Anfang 2025 in Kraft treten sollen, vorzuziehen und sie auszusetzen. Beide Abstimmungen belegen, daß es in der EU keine Einigkeit gibt.

Die Ironie ist, daß die EU-Strafzölle gegen E-Autos aus chinesischer Produktion den europäischen Autoherstellern keine Entlastung bringen werden, wie der deutsche Ex-Außenminister Sigmar Gabriel, bis vor wenigen Tagen Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssen-Krupp Stahl, in einem Interview mit dem Handelsblatt vom 6.10. betonte. Es gebe in Europa strukturelle Probleme, so Gabriel, wie z.B. fehlende Ladestationen und Batterieproduktion sowie die niedrigeren Preise der in China gebauten Autos. China produziert zwei Drittel aller E-Autos weltweit.

Gabriel kritisierte die gesamte E-Mobilitätsstrategie der EU und das deutsche „schnelle Auslaufdatum“ für Verbrenner. Er habe „nie verstanden, warum wir Deutschen eine der wichtigsten Säulen unserer Volkswirtschaft und unseres Wohlstands so derartig mutwillig ruinieren“. Kein anderes Land der Welt würde so etwas tun. Gabriel ist besonders besorgt über die Folgen für die Zulieferfirmen.

In Italien kritisierte ENI-Chef Claudio Descalzi am 7.10. den Green Deal der EU und forderte, von „Klimapolitik“ zur „Wachstumspolitik“ zurückzukehren. ENI, obwohl seit der Zeit des Gründers Enrico Mattei verkleinert, gehört zu den weltweit größten Energiekonzernen und hat weiter großen Einfluß auf die italienische Außenpolitik, insbesondere gegenüber den Öl- und Gasförderländern.

„Ich will nicht gegen Europa sein“, sagte Descalzi, „ich bin gegen Dummheit, weil Dummheit… uns umbringt. Wir leiden unter den lächerlichen Ideologien, die uns von einer Minderheit in Europa diktiert werden.“

Descalzi sagte weiter: „Wir vergleichen Europa immer wieder mit China, aber China ist ein Staat, während Europa ein Kontinent ist, der aus verschiedenen Kulturen und Energiemixen besteht.“ Die Industrie werde stillgelegt, zugunsten des durch die Globalisierung forcierten tertiären Sektors. „Wir importieren mehr als das Doppelte von dem, was wir exportieren.“ Und zur Dekarbonisierung sagte er: „Wir stoßen weniger CO₂ aus, aber das ist ein Märchen: Europa hat die schädlichen Emissionen nur reduziert, weil die Produktion in andere Teile der Welt verlagert wurde.“