Parlamentarische Versammlung des Europarats stuft Assange als politischen Gefangenen ein

Der WikiLeaks-Gründer Julian Assange hatte am 1.10. seinen ersten öffentlichen Auftritt seit seiner Entlassung aus dem Londoner Belmarsh-Gefängnis am 24. Juni, er sprach vor dem Rechts- und Menschenrechtsausschuß der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) in Straßburg. Bei der Plenardebatte am nächsten Tag erkannte die Parlamentarische Versammlung Assange mit 88 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen als politischen Gefangenen an. PACE, dem Parlamentarier aus den 46 Mitgliedsstaaten des Europarats angehören, hatte während der fünf Jahre, die Assange ohne Anklage im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert war und gegen seine Auslieferung an die USA kämpfte, eine wichtige Rolle im Kampf für seine Freiheit gespielt.

In seiner sorgfältig formulierten, bewegenden Aussage erklärte Assange: „Ich bin heute nicht frei, weil das System funktioniert hat. Ich bin heute nach Jahren der Inhaftierung frei, weil ich mich des Journalismus schuldig bekannt habe. Ich habe mich schuldig bekannt, Informationen von einer Quelle eingeholt zu haben… Und ich habe mich schuldig bekannt, die Öffentlichkeit darüber informiert zu haben, worum es sich bei diesen Informationen handelte. Zu nichts anderem habe ich mich schuldig bekannt.“

Er schilderte ausführlich seine Verfolgung durch CIA, FBI, Justizministerium und andere US-Behörden wegen angeblichen Verstoßes gegen das US-Spionagegesetz von 1917, weil er auf Wikileaks geheime Regierungsdokumente veröffentlicht hatte, die Kriegsverbrechen amerikanischer Streitkräfte im Ausland belegten, sowie später Beweise für das Ausspionieren ausländischer Regierungen durch die CIA und andere subversive Aktivitäten.

Assange ist entsetzt über die Vorstöße zur Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit. „Die Kriminalisierung von Aktivitäten zur Nachrichtenbeschaffung ist eine Bedrohung für den investigativen Journalismus überall. Ich wurde von einer ausländischen Macht offiziell verurteilt, weil ich wahrheitsgemäße Informationen über diese Macht angefordert, erhalten und veröffentlicht habe, während ich in Europa war. Das grundlegende Problem ist einfach: Journalisten sollten nicht dafür verfolgt werden, daß sie ihre Arbeit tun. Journalismus ist kein Verbrechen.“

Der Fall Assange ist ein eklatantes Beispiel für die illegale extraterritoriale Anwendung nationalen Rechts, wonach etwas, das nach US-Recht als Straftat gilt und von einem Bürger irgendeines Landes irgendwo auf der Welt begangen wird, von US-Gerichten verfolgt werden kann. Es wurde auch die völlig neue Rechtsauffassung geltend gemacht, daß nur US-Bürger das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß der Verfassung haben.

Wie Assange es ausdrückte: „Europäer und andere Nationalitäten haben kein Recht auf freie Meinungsäußerung, aber die USA behaupten, daß ihr Spionagegesetz immer noch für sie gilt, unabhängig davon, wo sie sich befinden. Daher müssen Europäer in Europa das US-Geheimhaltungsgesetz ohne jegliche Verteidigung befolgen.“

Die Parlamentarische Versammlung fordert in ihrer Resolution die USA auf, ihr Spionagegesetz „dringend zu reformieren“, um Journalisten und Whistleblower, die schwere Verbrechen aufdecken, zu schützen, sowie die von Wikileaks aufgedeckten Verbrechen zu untersuchen. Auch wenn die Entscheidung, Assange als politischen Gefangenen anzuerkennen, spät kommt, ist sie zu begrüßen.