Orban mahnt die NATO: Versucht es mit Diplomatie statt Krieg

Am 9.7. begann in Washington das dreitägige NATO-Gipfeltreffen in einer wesentlich düsteren Atmosphäre als noch vor einigen Wochen erwartet. Die Hauptteilnehmer waren US-Präsident Biden, nuschelnd und desorientiert mit Anzeichen von Demenz, Frankreichs Präsident Macron, der gerade zwei verheerende Wahlniederlagen erlitt, Großbritanniens neuer Premierminister Starmer, der nur dank des Hasses der Wähler auf seine Tory-Gegner ins Amt kam, und Bundeskanzler Scholz, dessen Regierung jederzeit stürzen kann (s.u.). Trotz der Schwächen wird erwartet, daß die Regierungen weitere Hunderte von Milliarden Dollar für die Ukraine bereitstellen, die Provokationen gegen Rußland und China verschärfen und den Vorstoß für die Globale NATO ausweiten werden.

Ein weiterer wichtiger Grund für die düstere Stimmung ist die überraschende Initiative des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der am 1.7. den Vorsitz des Europäischen Rates übernahm. Gleich am nächsten Tag flog er nach Kiew, um mit Präsident Selenskyj über die Bedingungen für einen möglichen Waffenstillstand und die Aufnahme von Verhandlungen zu sprechen, darauf folgte ein kurzfristig organisierter Besuch in Moskau am 5.7. zu einem zweieinhalbstündigen Treffen mit Präsident Putin. Am 8.7. reiste er nach Peking, um mit Präsident Xi den chinesisch-brasilianischen Friedensvorschlag für die Ukraine zu erörtern, bevor er zum NATO-Gipfel nach Washington weiterflog.

Orban betonte in allen Äußerungen und Interviews, wie sehr „Europa den Frieden braucht“, der ohne Diplomatie, ohne Gespräche mit allen beteiligten oder betroffenen Parteien nicht erreicht werden könne. Zufällig ist Ungarn heute in einer einzigartigen Position, um sowohl mit Rußland als auch mit der Ukraine zu reden. Unabhängig davon, was man sonst von seiner Politik hält – etwa in Bezug auf den Nahen Osten oder die Migration -, in dieser kritischen Frage trifft Orban den Nagel auf den Kopf.

Im Vorfeld des NATO-Gipfels veröffentlichte das große US-Nachrichtenmagazin Newsweek am 5.7. einen Gastkommentar Orbans unter der Überschrift „Das wesentliche an der NATO ist Frieden, nicht endloser Krieg“. Er erinnert die Kriegstreiber in Washington, London und Brüssel daran, daß das Militärbündnis „als Friedensprojekt begann und sein künftiger Erfolg von seiner Fähigkeit abhängt, den Frieden zu erhalten. Doch heute steht nicht mehr der Frieden auf der Tagesordnung, sondern der Krieg, und nicht mehr die Verteidigung, sondern die Offensive. All dies steht im Widerspruch zu den Gründungswerten der NATO.“

Und weiter: „Heute werden innerhalb der NATO immer mehr Stimmen laut, die für die Notwendigkeit – oder sogar Unvermeidbarkeit – einer militärischen Konfrontation mit den anderen geopolitischen Machtzentren der Welt plädieren. Diese Wahrnehmung einer unvermeidlichen Konfrontation wirkt wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Je mehr die Staats- und Regierungschefs der NATO glauben, daß ein Konflikt unvermeidlich ist, desto größer wird ihr Beitrag zum Auslösen eines solchen Konflikts sein…“

Es bleibt zu hoffen, daß seine Stimme in Washington gehört wird. Ein unsicherer Faktor für das Bündnis ist Donald Trump, falls dieser im November gewählt wird. Orbán traf im März mit Trump zusammen, was bei Orbáns Treffen mit Putin angesprochen wurde. Unterstützung für Gespräche zur Beendigung des Ukraine-Krieges kommt auch vom slowakischen Ministerpräsidenten Fico, dem bulgarischen Ministerpräsidenten Glawtschew und dem türkischen Präsidenten Erdogan. Noch eine kleine Minderheit, aber sie wächst…